Magnetowiderstand

P. Grünberg et al. berichtete im Jahre 1986 erstmals, dass in benachbarten Eisenschichten, die durch eine Chromschicht voneinander getrennt sind, die magnetischen Momente ohne äußeres Magnetfeld antiferromagnetisch ausgerichtet sind [Gru86]. Diese Entdeckung der so genannten antiferromagnetischen Austauschkopplung löste eine intensive Suche nach anderen Systemen aus, die gleiches Verhalten zeigen. Der Grund hierfür ist das generelle Interesse an langreichweitigen magnetischen Kopplungsphänomenen durch nicht-magnetische Materialien wie Chrom, Kupfer, Gold, Silber oder Ruthenium. Im Rahmen dieser Studien entdeckten Baibich et al. [Bai88] und Parkin et al. [Par90] an Eisen-Chrom-Multilagensystemen und Binasch et al. [Bin89] am ursprünglichen Eisen-Chrom-Dreilager, dass der elektrische Widerstand der Systeme abnimmt, wenn die antiferromagnetische Kopplung durch ein äußeres magnetisches Feld aufgebrochen wird. Dieses Phänomen wird zurückgeführt auf eine spinabhängige Streuung der Leitungselektronen innerhalb des Schichtsystems; man bezeichnet es als Riesenmagnetowiderstand (GMR = Giant Magneto Resistance).

Schon in den 80er Jahren wurden Sensoren, die den anisotropen Magnetowiderstand (AMR) ausnutzen, industriell hergestellt und eingesetzt. In 30 nm Permalloy-Filmen, die auch zur Zeit noch in Sensorapplikationen wie Leseköpfen eingesetzt werden, beträgt die Widerstandsänderung durch den AMR-Effekt nur ca. 1,5 %. Der Feldbereich, in dem die Schaltvorgänge stattfinden, umfasst etwa 0,56 kA/m (7 Oe), was einer Sensitivität von 3 %/(kA/m) entspricht [Coe98]. Die im Vergleich dazu sehr hohen Signalamplituden der neu entdeckten Schichtsysteme erklären die Bezeichnung Riesenmagnetowiderstand für dieses Phänomen. Neben gekoppelten Drei- und Mehrlagensystemen zeigen auch Spinvalves [Die91] und granulare Strukturen [Ber92] einen Riesenmagnetowiderstand.

In den Jahren seit 1988 sind weitere Magnetowiderstandseffekte entdeckt worden, sodass heute die folgenden Effekte bekannt sind:

 

  • AMR - Anisotropic Magnetoresistance / Anisotroper Magnetowiderstand
    Magnetowiderstand von ferromagnetischen Metallen und Legierungen
  • GMR - Giant Magnetoresistance / Riesenmagnetowiderstand
    Magnetowiderstand von magnetischen Schichtsystemen und granularen Systemen
  • TMR - Tunneling Magnetoresistance / Tunnelmagnetowiderstand)
    Magnetowiderstand von Tunnelbarrieren mit ferromagnetischen Elektroden [Jul75]
  • CMR - Colossal Magnetoresistance / Kollosaler Magnetowiderstand)
    Magnetowiderstand einiger ferromagnetischer Oxide [Cha93, Hel93]

 

Zusammengefasst werden alle Erscheinungen unter dem Begriff XMR (x-beliebiger MR) [Men97].

 

Der Rekord liegt heute für Magnetowiderstandseffekte bei 500 % bei Raumtemperatur für Fe3O4-Nanokontakte. Dieser hohe Effekt beruht auf spinpolarisiertem Transport durch eine enge Domänenwand [Ver00].

 

Einen guten Überblick über die verschiedenen Effekte geben A. Fert und C. Vouille [Fert99], eine Einführung über die weitreichenden Anwendungsmöglichkeiten findet sich in [Men97].

Im Jahre 2007 erhielten Albert Fert (* 1938), Frankreich, und Peter Grünberg (* 1939), Deutschland, für die voneinander unabhängige Entdeckung des Riesenmagnetwiderstands (GMR) den Nobelpreis für Physik.

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© Dr. Tobias Hempel 2019